I love your channel and greatly appreciate the work you have done in making this these older recordings accessible to us. Indeed, I get excited every time I see a new upload from your channel. Please keep up the great work!
The recordings she made as a pioneer for the label Philips in the 1950s are still worth exploring. Hopefully some day they will be all digitalized by a record company.
I love hearing an Isolde Ahlgrimm recording, especially with her pedal harpsichord. A spectacular treat for the ears, thank you so much! Harpsichord Vinyl Gallery, you never disappoint. 😊
Glad you like it. These Philips recordings from the 1950s have a lot of extras: great playing by Isolde, nice harpsichords, good recording technique, luxury release, nice documentation and great Philips pressing. The 1974 enhanced stereo treatment was worth the trouble I guess.
@@HarpsichordVinylGallery The only shame is how little known Isolde Ahlgrimm is today. She has a brilliant performance style, and from memory she would play if I'm correct? Such a gem when you hear a recording from her.
@@Mattostar-z2d You are absolutely right. I read in her biography, she normally played everything by heart. Although Philips did an outstanding job in making these recordings in the 1950s and 60s, it seems to be difficult to digitalize her recordings due to copyrights or missing master tapes for streaming services or CDs. I don't know, but her recordings are indeed worth much more attention. I hope this will help a little bit.
@@HarpsichordVinylGallery You do an excellent job having her recordings available, otherwise we wouldn't have even these to enjoy. Thank you. She did memorize her pieces of music, that's amazing to do. It would be wonderful if her recordings received more attention.
@@Mattostar-z2d I have all the enhanced Philips recordings (20 LPs) in two boxes of 1974 but the documentation and the lay-out of the 1950-recordings are much more suitable for displaying the context of these recordings and I only have a bunch of 4 or 5 of these physical recordings. Hopefully someone will scan their copy, so I might publish other recordings from this series in the future.
Is there anybody who can scan one of the original 1950's releases of these delicious Ahlgrimm recordings? A small scanner is no problem, because I can join the scans together afterwards. I do have all 20 recordings of the enhanced 1974 release myself, but they are without that fantastic original lay-out and detailed documentation. I would love to publish some more of the original series.
@@hdibart Wow, that would be very nice. I hope the original recordings of the 1950s are still in a good shape. The HVG has several from the series published so far from the background collection, and from this one we were missing the original scans, which were scanned elsewhere for the HVG. Thanks, we are looking forward to the scans (and the labels)
*_Sleeve notes by Isolde Ahlgrimm in the German language 1/1_* Als Wilhelm Friedemann Bach einst eine Abschrift der Chromatischen Fantasie an Joh. Nikolaus Forkel sandte, hatte ein Freund folgenden Knittelvers hinzugefügt: --- "Anbey kommt an --- Etwas Musik von Sebastian, --- Sonst genannt Fantasia cromatica, --- Bleibt schön in alle saecula!" Begeistert schreibt Forkel: "Diese Fantasie ist einzig und hat nie ihresgleichen gehabt.. ... Sonderbar ist es, dass diese so außerordentlich kunstreiche Arbeit auch auf den allerungeübtesten Zuhörer Eindruck macht, wenn sie nur irgend reinlich vorgetragen wird." (Ober J. S. Bach's Leben, Kunst und Kunstwerke, Leipzig 1802) Kaum jemand wird das Urteil Forkel's bezweifeln. Dass sich die Schönheit dieses Werkes aber so vielen Menschen mühelos erschließt, hat einen psychologisch leicht erklärbaren Grund: Wer stand noch nie hinter einem der traditionellen, dreibeinigen Hocker, auf dem sich Maler niederzulassen pflegen, wenn einer, mit einer Wanderstaffelei ausgerüstet, irgendwo "die Landschaft" malt? Kaum hat er seine Farben ausgepackt, hat er schon sein Publikum: Kinder, Halbwüchsige, Erwachsene, darunter vielfach Leute, denen man auf den ersten Blick anzusehen vermeint, dass Sie kaum jemals vorher ihr Interesse für Gemälde entdeckt hallen, Neugierig und gespannt folgen sie jeder Bewegung des Pinsels, vergleichen kritisch mit der Natur und schon nach wenigen Minuten ist aus der kleinen Gruppe eine Versammlung von Malern geworden. Dass nur Einer unter ihnen die dazu nötige Technik beherrscht und wirklich malt, ändert nichts daran, dass sich in diesem Augenblicke Alle im Banne der Entstehung eines Kunstwerkes befinden. Nicht das Bild, das Malen interessiert! Parallel dazu, ist es in der Musik die Improvisation, der Reiz der einmaligen, augenblicklichen Leistung persönlichster, musikalischer Aussage, die auch "den allerungeübtesten Zuhörer" in ihren Bann zwingt. Dieser starken Wirkung waren sich die Musiker immer bewusst, das beweisen schriftliche Zeugnisse vom 13. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Im 15. Jahrhundert entstanden aus der freien Improvisation allmählich die ersten, rein in· strumentalen Kompositionsformen: Ricercar, Instrumentalkanzone, Fantasie, Präambel und Tokkata. Die beste Interpretation solcher Werke war dann erreicht, wenn sie den Eindruck erweckte, als wäre diese Musik nie notiert und studiert worden, sondern spontaner Einfall, eine echte Improvisation. Ein Zitat aus dem 18. Jahrhundert sei hier angeführt: "Wie oft unterhält nicht ein fertiger Violinist (anderer Instrumentspieler zu ge· schweigen) sich und seine Zuhörer auf das allerangenehmste, wenn er bloß und gantz allein fantaisiret? ..... Nur Schade, dass keine Regeln von solcher Fantaisie· Kunst vorhanden!. ... Denn dieser Styl ist die allerfreieste und ungebundenste Setz- Sing- und Spiel-Art, die man nur erdencken kan, .... da man sich weder an Worte noch Melodie, obwohl an Harmonie, bindet, .... da allerhand sonst ungewöhnliche Gänge hervorgebracht werden, ohne eigentliche Beobachtung des Tacts und Tons, unangesehen dieselbe auf dem Papier Platz nehmen; bald hurtig bald zögernd; bald ein· bald vielstimmig; bald auch auf eine kurtze Zeit nach dem Tact. .. . nicht ohne Absicht zu gefallen .... und in Verwunderung zu setzen . Das sind die wesentlichen Abzeichen des fantastischen Styls. An die Regeln der Harmonie bindet man sich allein bey dieser Schreib-Art, sonst an kein e. .. , .. Fantasie, oder Fantaisies, deren Arten sind: die Boutades, Capricci, Toccate, Preludes, Ritornelli, etc. Ob nun gleich diese alle das Ansehen haben wollen, als spielte man sie aus dem Stegreife daher, so werden sie doch mehrenteils, ordentlich zu Papier gebracht; halten aber so wenig Schrancken und Ordnung, dass man sie schwerlich mit andern allgemeinen Nahmen, als guter Einfälle belegen kan .... " (Joh. Mattheson, Der vollkommene Capellmeister, Hamburg 1739) Auch Bach hat unter dem Titel "Fantasie" die verschiedensten Formen niedergeschrieben, Für die Chromatische Fantasie trifft Matlheson's Definition - "als spielte man sie aus dem Stegreife daher" - in ganz besonders hohem Masse zu. Dieses Werk Bach's ist nichts Anderes als eine notierte Improvisation und das ist das Geheimnis ihrer Wirkung, selbst auf jene Menschen, die sonst an anderen, ebenso schönen Werken Bach's vorübergehen. Häufig finden sich in Fantasien und Toccaten Stellen, die nur andeutungsweise notiert sind und damit noch die Möglichkeit einer echten Improvisation bieten. Auch Bach hat sich diesem Brauche angeschlossen . In der Chromatischen Fantasie sind es die berühmten Takte 27-29 und die Takte 33-49 : Sheet music of the bars in chords by J.S. Bach and the detailed ornamentation Die Harmonie, an die man sich ausschließlich zu binden hat, ist damit gegeben, wie man darüber fantasiert, bleibt dem Interpreten überlassen. Da es von der Chromatischen Fantasie kein Autograph gibt und uns dieses Werk nur in mehreren Abschriften überliefert ist, darf man das im 27. Takt ausgeschriebene Arpeggio nicht als authentische Vorschrift Bach's ansehen; es ist nur die Angabe eines Kopisten oder Schülers, in diesen Takten gebrochene Akkorde zu spielen. Ein Vergleich aller jener Stellen in denen Bach Arpeggios ausgeschrieben hat, beweist, dass er selbst eine so primitive Akkordbrechung niemals gespielt haben würde. (Auskomponierte Arpeggios linden sich in schier unerschöpflicher Vielfalt der Möglichkeiten besonders in den Toccaten und Fantasien der Orgelliteratur, die Sarabande e-moll des 1. Teiles der Clavierübung ist ein wichtiges Beispiel, ferner die Sonaten für Violine solo, etc.) Das Arpeggio des Barocks lügt sich immer rhythmisch dem Takte ein. Es ist wirklich gebrochen, das heisst: es verläuft nie über große Intervalle in einer Richtung, sondern kehrt nach wenigen Tönen schon wieder um, macht wenigstens einen Intervallschritt zurück um dann erst die ursprüngliche Bewegung wieder aufzunehmen. So bildet es sogar graphisch, in der Niederschrift, ein echt barockes Bild. Es ist häufig durchsetzt mit harmoniefremden Noten, bei Bach manchmal so reich, dass die Grundharmonie gar nicht mehr so leicht zu erkennen ist. Mit diesen Mitteln wird das barocke Arpeggio dramatisch gestaltet. Gehört einer viel späteren Zeit an, in der man Steigerung und Ausdruck hauptsächlich durch Dynamik und Klangwirkung (Pedal) zu erzielen suchte. Ich habe auch versucht, das Rezitativ der Chromatischen Fantasie aus der Erstarrung zu lösen, in die es im Verlaufe der Generationen geraten ist. Bei Phil. Em. Bach kann man Folgendes lesen: "Gewisse Recitative, wobey der Bass, oder die übrigen darzu gesetzten Instrumente .. . eine solche Bewegung in Noten haben, welche beständig fortdauret, . . . müssen .. . strenge nach der Eintheilung des Tactes ausgeführet werden. Die übrigen Recitative werden nach ihrem Inhalte bald langsam, bald hurtig, ohne Rücksicht auf den Tact, abgesungen, ob sie schon bey der Schreibart in den Tact eingetheilet werden. Ein Accompagnist muss ... genau aufmerksam seyn ... damit er mit seinem Accompagnement bey der Hand sey, und den Sänger niemals verlasse. Declamiert der letztere hurtig, so muss die Harmonie auf das bereiteste da seyn . .. Der Anschlag einer neuen Harmonie muss auf das geschwindeste geschehen, so bald die vorige Harmonie zu Ende ist ... Wenn man unter zweyen Übeln wählen müsste, so würde hier das Eilen dem Schleppen vorzuziehen seyn. . . Die Geschwindigkeit und Langsamkeit des Harpeggio bey der Begleitung hänget von der Zeitmasse und dem Inhalte des Recitatives ab. Je langsamer und affectuöser das letztere ist, desto langsamer harpeggiert man ... So bald aber die Begleitung. statt der Aushaltungen, kurze und abgestossene Noten krieget, sogleich schlägt auch der Clavierist die Harmonien, ohne Harpeggio, kurz und trotzig mit vollen Händen an . .. " (Versuch über die wahre Art, das Clavier zu spiele n, Berlin 1753). Wohl sind es Regeln für das theatralische Rezitativ de r Oper. Warum sollte aber ein Rezitativ in der Instrumentalmusik anders ausgeführt werden? Hatte doch gerade im 18. Jh. die menschliche Stimme allen Musikern als Vorbild zu dienen! Sänger und Akkompagnist zugleich! Das ist die Aufgabe, die dem Cembalisten im Rezitativ der Chromatischen Fantasie gestellt wird und die ich zu lösen versucht habe. So klingt Manches auf dieser Platte abweichend von der, vielen Menschen lieb und vertraut gewordenen Interpretation, besonders der Chromatischen Fantasie. Ich weiß, dass ich mich dadurch im höchsten Masse der Kritik aussetze. Ist es jedoch anständig, auf Fehlern - wenn man sie einmal als solche erkannt hat, zu beharren, bloss weil es bequem ist? ISOLDE AHLGRIMM
Well, one of the students of Frau Ahlgrimm, Peter Watchorn did a lot of effort so far to reissue these recordings on CD, but it is more difficult than expected somehow with master tapes or copyright since I have not heard about this project for several; years. I hope he eventually will succeed. I really enjoy these performances.
I love your channel and greatly appreciate the work you have done in making this these older recordings accessible to us. Indeed, I get excited every time I see a new upload from your channel. Please keep up the great work!
Thank you for your kind words. Actually, it is an intercontinental team effort between some harpsichord lovers, and it is great fun to do. Enjoy!
Thanks, she is the best
It is highly excellent ❤
Thank you very much.
Thank you all the way from Japan!
Thanks so much . I had not heard of this artist or her recordings.
The recordings she made as a pioneer for the label Philips in the 1950s are still worth exploring. Hopefully some day they will be all digitalized by a record company.
I love hearing an Isolde Ahlgrimm recording, especially with her pedal harpsichord. A spectacular treat for the ears, thank you so much! Harpsichord Vinyl Gallery, you never disappoint. 😊
Glad you like it. These Philips recordings from the 1950s have a lot of extras: great playing by Isolde, nice harpsichords, good recording technique, luxury release, nice documentation and great Philips pressing. The 1974 enhanced stereo treatment was worth the trouble I guess.
@@HarpsichordVinylGallery The only shame is how little known Isolde Ahlgrimm is today. She has a brilliant performance style, and from memory she would play if I'm correct? Such a gem when you hear a recording from her.
@@Mattostar-z2d You are absolutely right. I read in her biography, she normally played everything by heart. Although Philips did an outstanding job in making these recordings in the 1950s and 60s, it seems to be difficult to digitalize her recordings due to copyrights or missing master tapes for streaming services or CDs. I don't know, but her recordings are indeed worth much more attention. I hope this will help a little bit.
@@HarpsichordVinylGallery You do an excellent job having her recordings available, otherwise we wouldn't have even these to enjoy. Thank you. She did memorize her pieces of music, that's amazing to do. It would be wonderful if her recordings received more attention.
@@Mattostar-z2d I have all the enhanced Philips recordings (20 LPs) in two boxes of 1974 but the documentation and the lay-out of the 1950-recordings are much more suitable for displaying the context of these recordings and I only have a bunch of 4 or 5 of these physical recordings. Hopefully someone will scan their copy, so I might publish other recordings from this series in the future.
Is there anybody who can scan one of the original 1950's releases of these delicious Ahlgrimm recordings? A small scanner is no problem, because I can join the scans together afterwards.
I do have all 20 recordings of the enhanced 1974 release myself, but they are without that fantastic original lay-out and detailed documentation. I would love to publish some more of the original series.
I have 3 on order;I'll send the scans.
@@hdibart Wow, that would be very nice. I hope the original recordings of the 1950s are still in a good shape. The HVG has several from the series published so far from the background collection, and from this one we were missing the original scans, which were scanned elsewhere for the HVG.
Thanks, we are looking forward to the scans (and the labels)
💝💝💝 TY ... Always and ever ...
I am sure you will enjoy this significant and enjoyable recording.
*_Sleeve notes by Isolde Ahlgrimm in the German language 1/1_*
Als Wilhelm Friedemann Bach einst eine Abschrift der Chromatischen Fantasie
an Joh. Nikolaus Forkel sandte, hatte ein Freund folgenden Knittelvers hinzugefügt:
--- "Anbey kommt an
--- Etwas Musik von Sebastian,
--- Sonst genannt Fantasia cromatica,
--- Bleibt schön in alle saecula!"
Begeistert schreibt Forkel: "Diese Fantasie ist einzig und hat nie ihresgleichen
gehabt.. ... Sonderbar ist es, dass diese so außerordentlich kunstreiche Arbeit auch
auf den allerungeübtesten Zuhörer Eindruck macht, wenn sie nur irgend reinlich
vorgetragen wird." (Ober J. S. Bach's Leben, Kunst und Kunstwerke, Leipzig 1802)
Kaum jemand wird das Urteil Forkel's bezweifeln. Dass sich die Schönheit dieses
Werkes aber so vielen Menschen mühelos erschließt, hat einen psychologisch
leicht erklärbaren Grund:
Wer stand noch nie hinter einem der traditionellen, dreibeinigen Hocker, auf dem
sich Maler niederzulassen pflegen, wenn einer, mit einer Wanderstaffelei ausgerüstet,
irgendwo "die Landschaft" malt? Kaum hat er seine Farben ausgepackt,
hat er schon sein Publikum: Kinder, Halbwüchsige, Erwachsene, darunter vielfach
Leute, denen man auf den ersten Blick anzusehen vermeint, dass Sie kaum jemals
vorher ihr Interesse für Gemälde entdeckt hallen,
Neugierig und gespannt folgen sie jeder Bewegung des Pinsels, vergleichen kritisch
mit der Natur und schon nach wenigen Minuten ist aus der kleinen Gruppe
eine Versammlung von Malern geworden. Dass nur Einer unter ihnen die dazu
nötige Technik beherrscht und wirklich malt, ändert nichts daran, dass sich in
diesem Augenblicke Alle im Banne der Entstehung eines Kunstwerkes befinden.
Nicht das Bild, das Malen interessiert!
Parallel dazu, ist es in der Musik die Improvisation, der Reiz der einmaligen,
augenblicklichen Leistung persönlichster, musikalischer Aussage, die auch "den
allerungeübtesten Zuhörer" in ihren Bann zwingt.
Dieser starken Wirkung waren sich die Musiker immer bewusst, das beweisen
schriftliche Zeugnisse vom 13. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Im 15. Jahrhundert
entstanden aus der freien Improvisation allmählich die ersten, rein in·
strumentalen Kompositionsformen: Ricercar, Instrumentalkanzone, Fantasie, Präambel
und Tokkata. Die beste Interpretation solcher Werke war dann erreicht,
wenn sie den Eindruck erweckte, als wäre diese Musik nie notiert und studiert
worden, sondern spontaner Einfall, eine echte Improvisation.
Ein Zitat aus dem 18. Jahrhundert sei hier angeführt:
"Wie oft unterhält nicht ein fertiger Violinist (anderer Instrumentspieler zu ge·
schweigen) sich und seine Zuhörer auf das allerangenehmste, wenn er bloß und
gantz allein fantaisiret? ..... Nur Schade, dass keine Regeln von solcher Fantaisie·
Kunst vorhanden!. ... Denn dieser Styl ist die allerfreieste und ungebundenste
Setz- Sing- und Spiel-Art, die man nur erdencken kan, .... da man sich weder an
Worte noch Melodie, obwohl an Harmonie, bindet, .... da allerhand sonst ungewöhnliche
Gänge hervorgebracht werden, ohne eigentliche Beobachtung des
Tacts und Tons, unangesehen dieselbe auf dem Papier Platz nehmen; bald hurtig
bald zögernd; bald ein· bald vielstimmig; bald auch auf eine kurtze Zeit nach
dem Tact. .. . nicht ohne Absicht zu gefallen .... und in Verwunderung zu setzen .
Das sind die wesentlichen Abzeichen des fantastischen Styls. An die Regeln der
Harmonie bindet man sich allein bey dieser Schreib-Art, sonst an kein e.
.. , .. Fantasie, oder Fantaisies, deren Arten sind:
die Boutades, Capricci, Toccate, Preludes, Ritornelli, etc.
Ob nun gleich diese alle das Ansehen haben wollen, als spielte man sie aus dem
Stegreife daher, so werden sie doch mehrenteils, ordentlich zu Papier gebracht;
halten aber so wenig Schrancken und Ordnung, dass man sie schwerlich mit andern
allgemeinen Nahmen, als guter Einfälle belegen kan .... " (Joh. Mattheson, Der
vollkommene Capellmeister, Hamburg 1739)
Auch Bach hat unter dem Titel "Fantasie" die verschiedensten Formen niedergeschrieben,
Für die Chromatische Fantasie trifft Matlheson's Definition - "als
spielte man sie aus dem Stegreife daher" - in ganz besonders hohem Masse zu.
Dieses Werk Bach's ist nichts Anderes als eine notierte Improvisation und das
ist das Geheimnis ihrer Wirkung, selbst auf jene Menschen, die sonst an anderen,
ebenso schönen Werken Bach's vorübergehen.
Häufig finden sich in Fantasien und Toccaten Stellen, die nur andeutungsweise
notiert sind und damit noch die Möglichkeit einer echten Improvisation bieten.
Auch Bach hat sich diesem Brauche angeschlossen .
In der Chromatischen Fantasie sind es die berühmten Takte 27-29 und die
Takte 33-49 :
Sheet music of the bars in chords by J.S. Bach and the detailed ornamentation
Die Harmonie, an die man sich ausschließlich zu binden hat, ist damit gegeben,
wie man darüber fantasiert, bleibt dem Interpreten überlassen.
Da es von der Chromatischen Fantasie kein Autograph gibt und uns dieses
Werk nur in mehreren Abschriften überliefert ist, darf man das im 27. Takt ausgeschriebene
Arpeggio nicht als authentische Vorschrift Bach's ansehen; es ist
nur die Angabe eines Kopisten oder Schülers, in diesen Takten gebrochene Akkorde
zu spielen. Ein Vergleich aller jener Stellen in denen Bach Arpeggios
ausgeschrieben hat, beweist, dass er selbst eine so primitive Akkordbrechung
niemals gespielt haben würde. (Auskomponierte Arpeggios linden sich in schier
unerschöpflicher Vielfalt der Möglichkeiten besonders in den Toccaten und Fantasien
der Orgelliteratur, die Sarabande e-moll des 1. Teiles der Clavierübung
ist ein wichtiges Beispiel, ferner die Sonaten für Violine solo, etc.)
Das Arpeggio des Barocks lügt sich immer rhythmisch dem Takte ein. Es ist wirklich
gebrochen, das heisst: es verläuft nie über große Intervalle in einer Richtung,
sondern kehrt nach wenigen Tönen schon wieder um, macht wenigstens einen
Intervallschritt zurück um dann erst die ursprüngliche Bewegung wieder aufzunehmen.
So bildet es sogar graphisch, in der Niederschrift, ein echt barockes
Bild. Es ist häufig durchsetzt mit harmoniefremden Noten, bei Bach manchmal so
reich, dass die Grundharmonie gar nicht mehr so leicht zu erkennen ist. Mit
diesen Mitteln wird das barocke Arpeggio dramatisch gestaltet.
Gehört einer viel späteren Zeit an, in der man Steigerung und Ausdruck hauptsächlich
durch Dynamik und Klangwirkung (Pedal) zu erzielen suchte.
Ich habe auch versucht, das Rezitativ der Chromatischen Fantasie aus der Erstarrung
zu lösen, in die es im Verlaufe der Generationen geraten ist.
Bei Phil. Em. Bach kann man Folgendes lesen:
"Gewisse Recitative, wobey der Bass, oder die übrigen darzu gesetzten Instrumente
.. . eine solche Bewegung in Noten haben, welche beständig fortdauret, . . .
müssen .. . strenge nach der Eintheilung des Tactes ausgeführet werden. Die
übrigen Recitative werden nach ihrem Inhalte bald langsam, bald hurtig, ohne
Rücksicht auf den Tact, abgesungen, ob sie schon bey der Schreibart in den Tact
eingetheilet werden. Ein Accompagnist muss ... genau aufmerksam seyn ... damit er
mit seinem Accompagnement bey der Hand sey, und den Sänger niemals verlasse.
Declamiert der letztere hurtig, so muss die Harmonie auf das bereiteste da seyn . ..
Der Anschlag einer neuen Harmonie muss auf das geschwindeste geschehen, so
bald die vorige Harmonie zu Ende ist ... Wenn man unter zweyen Übeln wählen
müsste, so würde hier das Eilen dem Schleppen vorzuziehen seyn. . . Die Geschwindigkeit
und Langsamkeit des Harpeggio bey der Begleitung hänget von der
Zeitmasse und dem Inhalte des Recitatives ab. Je langsamer und affectuöser das
letztere ist, desto langsamer harpeggiert man ... So bald aber die Begleitung.
statt der Aushaltungen, kurze und abgestossene Noten krieget, sogleich schlägt
auch der Clavierist die Harmonien, ohne Harpeggio, kurz und trotzig mit vollen
Händen an . .. " (Versuch über die wahre Art, das Clavier zu spiele n, Berlin 1753).
Wohl sind es Regeln für das theatralische Rezitativ de r Oper. Warum sollte aber
ein Rezitativ in der Instrumentalmusik anders ausgeführt werden? Hatte doch
gerade im 18. Jh. die menschliche Stimme allen Musikern als Vorbild zu dienen!
Sänger und Akkompagnist zugleich! Das ist die Aufgabe, die dem Cembalisten im
Rezitativ der Chromatischen Fantasie gestellt wird und die ich zu lösen versucht
habe.
So klingt Manches auf dieser Platte abweichend von der, vielen Menschen lieb
und vertraut gewordenen Interpretation, besonders der Chromatischen Fantasie.
Ich weiß, dass ich mich dadurch im höchsten Masse der Kritik aussetze. Ist es
jedoch anständig, auf Fehlern - wenn man sie einmal als solche erkannt hat,
zu beharren, bloss weil es bequem ist?
ISOLDE AHLGRIMM
And no one had bothered to issue all these treasures on CDs...
Well, one of the students of Frau Ahlgrimm, Peter Watchorn did a lot of effort so far to reissue these recordings on CD, but it is more difficult than expected somehow with master tapes or copyright since I have not heard about this project for several; years. I hope he eventually will succeed. I really enjoy these performances.
@@HarpsichordVinylGallery Thank you. I, too, hope he succeeds. He has his own label, Musica Omnia. Maybe, this would make things easier.