Max Reger - Eine Vaterländische Ouvertüre op. 140

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  • เผยแพร่เมื่อ 29 ส.ค. 2024
  • "Eine Vaterländische Ouvertüre“ von 1914/15... das stößt ganz sauer auf. Ich habe mich lange schwer damit getan, für dieses Werk ein Notenvideo zu machen und es hochzuladen, aus verständlichen Gründen. Ich möchte aber im Folgenden mit den erlaubten 5000 Zeichen versuchen, einen Einblick in die Hintergründe zu geben. Zu Beginn sei aber ausdrücklichst gesagt: Dieses Video soll weder Pilgerort noch Plattform werden für Menschen mit nationalistisch motivierten Interessen. Ich verbiete Kommentare mit derartiger Ausrichtung und lege ans Herz, die folgenden Zeilen zu lesen.
    Die Forschung widmet sich mit zahlreichen Publikationen dem op. 140, denn Regers (1873-1916) Haltung gegenüber dem Krieg ist ambivalent. „Der Ausbruch des Weltkriegs versetzt Reger wie viele Zeitgenossen in einen patriotischen Rauschzustand, dem er mit der Vaterländischen Ouvertüre op. 140 Ausdruck gibt.“ (i, S. 46) Zu einer patriotischen Komposition wird die Ouvertüre durch die Zitate des „Deutschlandliedes“, von „Die Wacht am Rhein“, „Ich hab' mich ergeben“ und der Choralmelodie „Nun danket alle Gott“. (ii, S. 228)
    Weitere Beispiele für Kompositionen dieser Art, die nationales Liedgut in ein sinfonisches Werk flechten, finden sich u. a. bei Raff, Smetana, Dubois, Paderewski und Glazunov, letzteres entstand ebenfalls im Umfeld des 1. Weltkriegs 1914/'15. (iii, S. 280f.)
    Ein exkludierender Nationalismus kommt bei Reger eigentlich nicht in Frage: „1900 hatte Reger noch das Bekenntnis abgelegt, dass für ihn Deutschsein bedeute, ,aus Bachischem Geiste geborenʼ zu sein. Bach war kein nationaler, sondern ein universaler Komponist (...). Erst in der aufgeheizten Stimmung des Weltkriegs bereitete eine solche Wertung ,überlegenerʼ deutscher Kompositionstechnik dem Umschlagen von geistigem in politischen Herrschaftsanspruch den Weg. Sie hatte ihr Gegenstück in Debussys Klavierwerk En blanc et noir (…).“ (iv, S. 426)
    Interessant ist, dass Reger zur selben Zeit des Enstehens von op. 140 eine Trauerode angedacht hat. (v, S. 241), op. 145/1. Der „Dankpsalm“, op. 145/2, ist „Dem deutschen Heere“ gewidmet, die Trauerode hingegen „Dem Gedenken der im Kriege 1914/15 Gefallenen“. Op. 145 liegt zeitlich hinter Regers Erkenntnis der Sinnlosigkeit des Mordens. (i, S. 46) Eindrücklich beschriebt es ein Brief an Hans von Ohlendorff vom 30.12.'15: „Hoffentlich kriegen wir endlich balde Frieden, wonach sich alle Völker der Erde so sehr sehnen! (…) Und wie geschwächt gehen wir in jeder Beziehung aus diesem Kriege hervor? Es ist entsetzlich!“ (ii, S. 228) Es werden mit „[d]em deutschen Heere“ also „nicht die ,deutschen Heldenʼ, sondern alle Gefallenen genannt (...).“ (iv, S. 443) Ist das Klagen, das durch die Widmung des „Dankpsalm[s]“ klingt, übertragbar auf die Widmung der Ouvertüre, die nämlich dieselbe ist?
    Eine Problematik von Deutungsgegensätzen wird in der Diskussion Regers mit dem Leipziger Gewandhaus aus dem Weg geräumt. Dieses wollte op. 140 nicht spielen aus der „Motivierung, daß da am Schluß der Choral ,Nun danket alle Gottʼ vorkommt, u. wir jetzt noch nicht einen solchen Choral singen können!“. (vi, S. 193f.) Dieser Choral ist also eindeutig nicht als Dank für einen Sieg in die Komposition aufgenommen.
    Wäre ein Feiern des „deutschen Heere[s]“ eigentlich eine denkbare Interpretation, wenn man sich 4:15 oder 8:43 anhört? Klagende Musik, die weite Teile der Ouvertüre ausmacht. Susanne Popp beschreibt zudem, die „plakative Schlusskombination [der Themen überdeckt] alles, was vorher in diesem Werk passiert (…). [D]ie Musik (…) ist uneindeutig. Die Melodien (…) scheinen in Bedrängnis zu geraten, (…) attackiert zu werden. [Sie] dämmern (…) so griesgrämig dahin, ,daß man schon glaubt, das Vaterland sei in Notʼ.“ (iv, S. 426) Karrikiert Reger also? Ohnehin stand für Reger der Kontrapunkt im Vordergrund, was aus dem Briefwechsel mit Karl Straube hervorgeht. (v, S. 241)
    Warum ein Video mit einem so heiklen Werk? Ich finde es wichtig, dieses Werk Regers nicht zu verschweigen und sich bewusst der Auseinandersetzung mit ihm zu widmen. Reger lebte bis in den Krieg hinein und op. 140 markiert den ausgesprochen spannenden historischen Wendepunkt. Nicht zuletzt ist es das instrumentatorische und kontrapunktische Handwerk, das, das muss man zugeben, einfach beeindruckt.
    Weil ich die Thematik hier nur verkürzt beleuchten kann, empfehle ich die Lektüre des unter iii benannten und sehr beeindruckenden Artikels.
    17.8.'22
    O. T. Tjabben
    Quellen:
    i Popp, Susanne; Shigihara, Susanne (Hgg.): Max Reger. Am Wendepunkt zur Moderne, 1987.
    ii Haselböck, Lukas: Analytische Untersuchungen zur motivischen Logik bei Max Reger, 2000.
    iii Keym, Stefan: Bekenntnis- oder Gelegenheitswerk? (…), in: Mitteilungen der intern. Arbeitsgemeinschaft an der Universität Leipzig. Heft 18, 2017. S. 278-301.
    iv Popp: Werk statt Leben, 2015.
    v “ (Hg.): Briefe an Karl Straube, 1986.
    vi “ (Hg.): Briefe an Fritz Stein, 1982.
    Audio Source:
    • Max Reger, op. 140 - "...

ความคิดเห็น • 5

  • @OctopusContrapunctus
    @OctopusContrapunctus ปีที่แล้ว +2

    Es muste eine Epoche von Konfusion und Spannung sein und Mann muss auch sagen dass keiner die Tragödien des 20. Jahrhunderts vorhersehen konnte. Ich glaube reger war sensationeller Mensch von eine Kunst und Kultur das ich nur an wenige ich vergleichen kann.
    Danke für diesen intriganten Musikstück❤

  • @nickivonderdurrenlache6909
    @nickivonderdurrenlache6909 5 หลายเดือนก่อน +1

    Vielen Dank für das Video. Ich bin sehr froh, das Werk einmal hören zu können, werde es danach vermutlich nie wieder hören und bin froh, dass es sich beim Uploader nicht um einen Chauvinisten handelt. Herzlichen Dank

  • @lkapo7047
    @lkapo7047 10 หลายเดือนก่อน

    Vielen Dank für das Video! Finde das Werk auch nicht schlimm, ein klein wenig mehr Nationalstolz könnte unser Land alle mal gut vertragen :)

    • @orgel_leon8613
      @orgel_leon8613 13 วันที่ผ่านมา

      Dann hören Sie es sich vielleicht nochmal genauer an. Ich höre eher die Nationalen Melodien Zerfallen und von einem Unaufdringlichen aber steten Nun danket alle Gott überschattet. Nicht als Dank an das Vaterland sondern ein Appel an den Frieden.

    • @lkapo7047
      @lkapo7047 13 วันที่ผ่านมา

      @@orgel_leon8613 Möglich. Meiner Meinung ist es aber eher durch eine Freunde an der Kontrapunktik und einer Liebe für diese Melodien getrieben... ich habe irgendwo auch mal einen Brief von Reger an X gelesen, wo er ganz Stolz auf die Verzahnung der Melodien war... weiß wohl nicht mehr, wo ich den gelesen habe, vielleicht kennen Sie diesen Brief ja... VG