Nie wieder kann irgendjemand so begeistert von einem SF-Roman sein wie wir damals in den 60er und 70er Jahren. Besonders wenn er nicht wie ein Krimi konstruiert ist, sondern die Traumebenen an der Utopie beteiligt sind, ohne dass alles zu dem verkommt, was heute "Fantasy" heißt. Wenn dann Übersetzer beteiligt sind, denen "Wie Winzlieb und Gigelanz die Nebelflucht auslösten" einfällt, kann man nur noch dankbar sein. Von einer schreibtechnischen Optimierung jeden Romanes wurde Lem von seinem nächsten abgehalten. Heute ist ein schöner Tag, liebes Brudermörderlein, denn du bekommst den Lesetipp deines Lebens: Von Adam Wisniewsky-Snerg "Das Evangelium nach Lump". Hochexistenziell und authentisch.
"Solaris" ist einer meiner absoluten Lieblingsfilme. Ich habe den Roman danach gelesen. Es ist schon sehr lange her, sodass ich mich an Einzelheiten, die mich gestört hätten, wenn es sie gab, nicht mehr erinnern kann. Es ist aber ein Satz, ich glaube im Film, im Gedächtnis geblieben, der für mich eine Art lebensbegleitender Grundsatz oder eine ganz wesentliche Wahrheit geworden ist: "Der Mensch braucht den Menschen."
Danke für die Besprechung und interessant, dass Du hier auch das Thema Authentizität noch einmal fruchtbarer aufgreifst! Solaris werde ich mir zu Gemüte führen. Ich bin noch nicht lange in der SciFi-Literatur und kenne mich nicht gut aus, aber gerade die Science Fiction aus dem Ostblock zwischen Utopie, codierter Systemkritik und dem Philosophischen ist wirklich faszinierend. Ich musste bei Deiner Besprechung aber auch sehr an Philip K. Dicks "Do Androids Dream of Electric Sheep" von 1968 - besser bekannt als "Blade Runner" - denken, das mit seiner Gegenüberstellung von Menschen und fast menschengleichen Androiden in einer repressiven Sklavereiordnung ähnliche Themen aufwirft und sehr stimmig behandelt. Und wenn wir schon mal in der Science Fiction sind: Noch etwas, wozu mich ein Eindruck von Dir sehr interessieren würde, ist die fast überfordernd rasant erzählte Cyberpunk-SciFi von William Gibson mit seinem bekanntesten Roman "Neuromancer" aus den Achtzigern. Der ist nicht nur literarisch interessant, sondern auch technologisch-philosophisch und hat sogar mit gewissen von Gibson erdachten Begriffen wie dem des "Cyberspace" das Internet noch vor seiner Entstehung mitgeprägt.
Eine hervorragende Rezension! Sehe ich alles ähnlich (hätte nur eine 9/10 gegeben). Ich hatte auch Schwierigkeiten mit der Übersetzung, vor allem mit der direkten Rede. Zum Teil konnte ich kaum die Aussagen sinnhaft verstehen. Die DDR-Übersetzung soll leichter sein, aber leider auch gekürzt. Werde sie mir trotzdem mal holen.
Ich schaue deine Videos erst seit ein paar Wochen, aber wie immer… Respekt. Deine Besprechungen sind wirklich auf einem Niveau das seines Gleichen sucht. 😊 Hast du zufällig mal Ubik gelesen? Ist sicher nicht Dicks bekanntestes Werk aber obwohl ich vieles von ihm mag definitiv mein Lieblingsroman. Dort spielt er auch Wahrnehmungs- und Realitätsebenen und es ich empfand es damals als puren „Mindfuck“. Sry, aber manchmal machen es Anglizismen einfacher und treffen es auf den Punkt. 😉
Lieber Max, die polnischen Eigennamen "Stanisław" und "Lwów" hast du, wie ich finde, phonetisch sehr gut hingekriegt. Weiterhin viel Spaß mit der polnischen Literatur :)
Danke, Micha, darüber freue ich mich, da ich vorhabe, Polen wieder zu besuchen, das nächste Ziel ist Krakau, von dem alle zu schwärmen scheinen. Liebe Grüße
@@KainUndAbelBooks Ich kann nur bestätigen, dass Kraków sehr schön ist und architektonisch ein besonderes Flair hat, das viele bezaubert. Es ist meiner Meinung nach das polnische Pendant zu München: die Nähe zu den Bergen sowie eine starke katholische Prägung. Da, wo ich herkomme (Poznań), ist das Letztere nicht so sicht- bzw. spürbar. :) Ich hoffe, du wirst eine unvergessliche Zeit in Polen verbringen und dein Polnisch weiter "trainieren" können. Herzliche Grüße!
Ich habe damals den Film von Steven Soderberg gesehen, mein Fall war es nicht. Aber da kann ich jetzt natürlich nicht beurteilen, was das Buch hergibt. Es klingt für mich auf jedenfall interessanter als ich den Film damals wahrgenommen habe. PS: Lemberg ist im Westen der Ukraine, wie ich in den letzten Monaten (leider) gelernt habe.
Die Verfilmungen habe ich noch vor mir, auch in Tarkowskis Film habe ich nur punktuell reingeglotzt. Danke für die Korrektur, meine alte Ost-West-Schwäche hat wieder zugeschlagen. 😂
Shalom, Max! Eine sehr schöne und gewinnbringende Rezension! Ich habe SOLARIS zweimal gelesen, beim ersten Mal war ich deutlich zu jung dafür und meine Lektüre zum Scheitern verurteilt. Da hatte ich noch andere Vorstellungen von Science Fiction. Lem, der Philosoph unter den SF-Autoren. Bezüglich seiner Sprache und einigen anderen Aspekten des Erzählens, die du kritisierst, stimme ich dir zu. Es kann wirklich sein, dass seine Texte nicht immer gut gealtert sind. Seine Essays sind mitunter interessant. Im Regal steht er bei mir in zweiter Reihe, vielleicht zu Unrecht... LG
Danke für deinen Kommentar, Harald. Ja, ich kann mir vorstellen, dass Lem nicht unbedingt das liefert, was man als sehr junger Mensch in Sci-fi sucht, obwohl ich gerade die ersten hundert Seiten doch öfter haarsträubend spannend fand. Die schlechte oder gute Alterung von älteren Werken ist ja an sich ein Thema für ein Video, manchmal stören mich solche Details nicht, hier wurde mir der (freilich konventionelle) Sexismus zu viel. Liebe Grüße
Diese Version habe ich auch gelesen :) Was ich nicht mochte, war die Masse an "!!!", die es im Original so nicht geben soll. Und irgendwie war die Wortwahl auch oft merkwürdig. Vielleicht eine etwas zu wörtliche Übersetzung? Die Geschichte war klasse, auch wenn die Bibliothekskapitel wirklich anstrengend waren
Bei meiner Recherche bin ich mehrfach über den Kommentar gestolpert, Lem habe die meisten Übersetzungen (v.a. die englischen) für schlecht befunden. Naja, vielleicht wird da ja ein motivierter Übersetzer mal tätig. Liebe Grüße
@@KainUndAbelBooks Angeblich soll die Ostdeutsche Übersetzung sich gefälliger lesen, sei aber auch gekürzt. Habe leider keine in den Händen gehabt, aber eventuell ware das mal interessant
Ich gebe zu bedenken, dass Lem den Roman nicht nur 1961 geschrieben hat, sondern auch im sozialistischen Polen. Da hatten !!! schon eine Bedeutung. Selbst in der DDR war Stanislaw Lem nicht so einfach zu bekommen.
@@piawittmann3454 Danke für die Vermittlungsarbeit, Pia. Dass sich der Kommentar auf die entsprechende Video-Stelle bezieht, vermutete ich bereits. 😉 Was !!! mit der politischen Bedeutung im Sozialismus zu tun hat, war meine Frage. Liebe Grüße
Es ist ja schon ein paar Jahrzehnte her, als ich das Buch las. Und ich kenne jetzt auch nicht mehr den Zusammenhang der 3 !, war aber im Allgemeinen (nicht nur bei Lem) dass damit kritische brisante Zustände gekennzeichnet wurden. !?! sind fragwürdige Begebenheiten oder Tatsachen.
Ich habe alle Romane und Kurzgeschichtensammlungen von Lem gelesen, und ich weiß immer noch nicht, warum genau "Solaris" eine solche Popularität erlangt hat. wahrscheinlich wegen der relativ einfachen Übersetzung. "Die Stimme des Herrn" ist philosophisch tiefergehend, "Cyberiad" und "Memoiren, gefunden in der Badewanne" sind literarisch besser. Die "Rückkehr von den Sternen" wäre als Verfilmung interessanter gewesen.
Als ich jung war, habe ich alles von Lem verschlungen. Enorm anregend. Zeitlos gut.
Nie wieder kann irgendjemand so begeistert von einem SF-Roman sein wie wir damals in den 60er und 70er Jahren. Besonders wenn er nicht wie ein Krimi konstruiert ist, sondern die Traumebenen an der Utopie beteiligt sind, ohne dass alles zu dem verkommt, was heute "Fantasy" heißt. Wenn dann Übersetzer beteiligt sind, denen "Wie Winzlieb und Gigelanz die Nebelflucht auslösten" einfällt, kann man nur noch dankbar sein. Von einer schreibtechnischen Optimierung jeden Romanes wurde Lem von seinem nächsten abgehalten. Heute ist ein schöner Tag, liebes Brudermörderlein, denn du bekommst den Lesetipp deines Lebens: Von Adam Wisniewsky-Snerg "Das Evangelium nach Lump". Hochexistenziell und authentisch.
"Solaris" ist einer meiner absoluten Lieblingsfilme. Ich habe den Roman danach gelesen. Es ist schon sehr lange her, sodass ich mich an Einzelheiten, die mich gestört hätten, wenn es sie gab, nicht mehr erinnern kann. Es ist aber ein Satz, ich glaube im Film, im Gedächtnis geblieben, der für mich eine Art lebensbegleitender Grundsatz oder eine ganz wesentliche Wahrheit geworden ist: "Der Mensch braucht den Menschen."
Die Solarisfilme bleiben hinter dem zurück, was die Lektüre in uns erzeugt. Ähnlich mit Matrix und Philipp K. Dick.
Besonders schön das du die verschiedenen Cover eingeblendet hast 👍
Danke für die Besprechung und interessant, dass Du hier auch das Thema Authentizität noch einmal fruchtbarer aufgreifst! Solaris werde ich mir zu Gemüte führen. Ich bin noch nicht lange in der SciFi-Literatur und kenne mich nicht gut aus, aber gerade die Science Fiction aus dem Ostblock zwischen Utopie, codierter Systemkritik und dem Philosophischen ist wirklich faszinierend.
Ich musste bei Deiner Besprechung aber auch sehr an Philip K. Dicks "Do Androids Dream of Electric Sheep" von 1968 - besser bekannt als "Blade Runner" - denken, das mit seiner Gegenüberstellung von Menschen und fast menschengleichen Androiden in einer repressiven Sklavereiordnung ähnliche Themen aufwirft und sehr stimmig behandelt.
Und wenn wir schon mal in der Science Fiction sind: Noch etwas, wozu mich ein Eindruck von Dir sehr interessieren würde, ist die fast überfordernd rasant erzählte Cyberpunk-SciFi von William Gibson mit seinem bekanntesten Roman "Neuromancer" aus den Achtzigern. Der ist nicht nur literarisch interessant, sondern auch technologisch-philosophisch und hat sogar mit gewissen von Gibson erdachten Begriffen wie dem des "Cyberspace" das Internet noch vor seiner Entstehung mitgeprägt.
Eine hervorragende Rezension! Sehe ich alles ähnlich (hätte nur eine 9/10 gegeben). Ich hatte auch Schwierigkeiten mit der Übersetzung, vor allem mit der direkten Rede. Zum Teil konnte ich kaum die Aussagen sinnhaft verstehen. Die DDR-Übersetzung soll leichter sein, aber leider auch gekürzt. Werde sie mir trotzdem mal holen.
Also deine polnischen Aussprachen sind wirklich gut gelungen - Endgegner besiegt! ;-)
Ich schaue deine Videos erst seit ein paar Wochen, aber wie immer… Respekt. Deine Besprechungen sind wirklich auf einem Niveau das seines Gleichen sucht. 😊
Hast du zufällig mal Ubik gelesen? Ist sicher nicht Dicks bekanntestes Werk aber obwohl ich vieles von ihm mag definitiv mein Lieblingsroman. Dort spielt er auch Wahrnehmungs- und Realitätsebenen und es ich empfand es damals als puren „Mindfuck“.
Sry, aber manchmal machen es Anglizismen einfacher und treffen es auf den Punkt. 😉
Lieber Max, die polnischen Eigennamen "Stanisław" und "Lwów" hast du, wie ich finde, phonetisch sehr gut hingekriegt. Weiterhin viel Spaß mit der polnischen Literatur :)
Danke, Micha, darüber freue ich mich, da ich vorhabe, Polen wieder zu besuchen, das nächste Ziel ist Krakau, von dem alle zu schwärmen scheinen.
Liebe Grüße
@@KainUndAbelBooks Ich kann nur bestätigen, dass Kraków sehr schön ist und architektonisch ein besonderes Flair hat, das viele bezaubert. Es ist meiner Meinung nach das polnische Pendant zu München: die Nähe zu den Bergen sowie eine starke katholische Prägung. Da, wo ich herkomme (Poznań), ist das Letztere nicht so sicht- bzw. spürbar. :) Ich hoffe, du wirst eine unvergessliche Zeit in Polen verbringen und dein Polnisch weiter "trainieren" können. Herzliche Grüße!
Ja ist halt nicht so leicht aber hat es sehr gut mitbekommen
Ich habe damals den Film von Steven Soderberg gesehen, mein Fall war es nicht. Aber da kann ich jetzt natürlich nicht beurteilen, was das Buch hergibt. Es klingt für mich auf jedenfall interessanter als ich den Film damals wahrgenommen habe.
PS:
Lemberg ist im Westen der Ukraine, wie ich in den letzten Monaten (leider) gelernt habe.
Die Verfilmungen habe ich noch vor mir, auch in Tarkowskis Film habe ich nur punktuell reingeglotzt.
Danke für die Korrektur, meine alte Ost-West-Schwäche hat wieder zugeschlagen. 😂
Shalom, Max! Eine sehr schöne und gewinnbringende Rezension! Ich habe SOLARIS zweimal gelesen, beim ersten Mal war ich deutlich zu jung dafür und meine Lektüre zum Scheitern verurteilt. Da hatte ich noch andere Vorstellungen von Science Fiction. Lem, der Philosoph unter den SF-Autoren. Bezüglich seiner Sprache und einigen anderen Aspekten des Erzählens, die du kritisierst, stimme ich dir zu. Es kann wirklich sein, dass seine Texte nicht immer gut gealtert sind. Seine Essays sind mitunter interessant. Im Regal steht er bei mir in zweiter Reihe, vielleicht zu Unrecht... LG
Danke für deinen Kommentar, Harald. Ja, ich kann mir vorstellen, dass Lem nicht unbedingt das liefert, was man als sehr junger Mensch in Sci-fi sucht, obwohl ich gerade die ersten hundert Seiten doch öfter haarsträubend spannend fand.
Die schlechte oder gute Alterung von älteren Werken ist ja an sich ein Thema für ein Video, manchmal stören mich solche Details nicht, hier wurde mir der (freilich konventionelle) Sexismus zu viel.
Liebe Grüße
Lem ist einer der besten Sci Fi Autoren generell. Solaris ist allerdings sehr anders als die meisten anderen Werke von ihm.
Diese Version habe ich auch gelesen :)
Was ich nicht mochte, war die Masse an "!!!", die es im Original so nicht geben soll. Und irgendwie war die Wortwahl auch oft merkwürdig. Vielleicht eine etwas zu wörtliche Übersetzung?
Die Geschichte war klasse, auch wenn die Bibliothekskapitel wirklich anstrengend waren
Bei meiner Recherche bin ich mehrfach über den Kommentar gestolpert, Lem habe die meisten Übersetzungen (v.a. die englischen) für schlecht befunden. Naja, vielleicht wird da ja ein motivierter Übersetzer mal tätig.
Liebe Grüße
@@KainUndAbelBooks Angeblich soll die Ostdeutsche Übersetzung sich gefälliger lesen, sei aber auch gekürzt. Habe leider keine in den Händen gehabt, aber eventuell ware das mal interessant
Gibt es auch neuere Fassung des Buches auf polnisch?
@@CUBETechie Meinst du so als Übersetzung vom Polnischen ins Polnische? Das ist ja die Originalsprache
Ich gebe zu bedenken, dass Lem den Roman nicht nur 1961 geschrieben hat, sondern auch im sozialistischen Polen. Da hatten !!! schon eine Bedeutung. Selbst in der DDR war Stanislaw Lem nicht so einfach zu bekommen.
Die politische Ebene ist selbstverständlich auch erwähnenswert, danke!
Was !!! damit zu tun haben, verstehe ich aber nicht.
Liebe Grüße
Siehe 16:21 bei dir. Satzzeichen in dem Roman.
@@piawittmann3454 Danke für die Vermittlungsarbeit, Pia. Dass sich der Kommentar auf die entsprechende Video-Stelle bezieht, vermutete ich bereits. 😉 Was !!! mit der politischen Bedeutung im Sozialismus zu tun hat, war meine Frage.
Liebe Grüße
Werde das Buch durcharbeiten und versuchen, dir ´ne Antwort drauf zu geben.
Es ist ja schon ein paar Jahrzehnte her, als ich das Buch las. Und ich kenne jetzt auch nicht mehr den Zusammenhang der 3 !, war aber im Allgemeinen (nicht nur bei Lem) dass damit kritische brisante Zustände gekennzeichnet wurden. !?! sind fragwürdige Begebenheiten oder Tatsachen.
Wuste und wildinis Sienkiewicza das film 70 er ab neue
Ich habe alle Romane und Kurzgeschichtensammlungen von Lem gelesen, und ich weiß immer noch nicht, warum genau "Solaris" eine solche Popularität erlangt hat. wahrscheinlich wegen der relativ einfachen Übersetzung. "Die Stimme des Herrn" ist philosophisch tiefergehend, "Cyberiad" und "Memoiren, gefunden in der Badewanne" sind literarisch besser. Die "Rückkehr von den Sternen" wäre als Verfilmung interessanter gewesen.